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der springende punkt.

Die Mär der unqualifizierten Quotenfrau

Die Mär der unqualifizierten Quotenfrau

Wie vor jeder Wahl waren die Jusos auch beim Europawahlkampf fleißig unterwegs. Die interessantesten Gespräche ergeben sich immer bei unseren Nachtinfoständen. Meist sind es die klassischen SPD-Themen wie Sozialpolitik oder tagespolitische Themen, die die Unterhaltungen mit Interessierten am Infostand der Jusos bestimmen. Überrascht hat uns dann doch ein Thema, das an den Nachtinfoständen dieses Mal vor der Europawahl heftigst diskutiert wurde: die Frauen*quote in Aufsichtsräten.

Schaut man sich die aktuellsten Zahlen zur Frauenquote an, so stellt man fest, dass sich in den vergangenen Jahren etwas getan hat, aber die Unternehmen nur so viel tun, wie ihnen das Gesetz vorschreibt: die positive Entwicklung stagniert. Das Gesetzverpflichtet etwa die Hälfte der 160 börsennotierten Unternehmen dazu, 30% der Aufsichtsratsposten an Frauen zu vergeben. Man hat sich durch das Gesetz erhofft, dass dadurch die Vorstände heterogener werden. Schaut man sich allerdings die Vorstände der Unternehmen an, so sieht es weiterhin düster aus.

Aktuell sind 8,8% der Vorstandsmitglieder der 160 börsennotierten Unternehmen weiblich. 53 Aufsichtsräte dieser 160 börsen- notierten Unternehmen haben die Zielgröße „0“ Frauen für Vorstände formuliert, darunter Unternehmen wie Zalando, HelloFresh und XING. Zwar sind mittlerweile rund 30% der Aufsichtsräte der 160 Unternehmen in der Bundesrepublik weiblich, wirkliche Gestaltungsmöglichkeit haben sie aber in der Regel nicht.

Jeder Aufsichtsrat hat in seiner eigenen Struktur Ausschüsse, die sich aus den Aufsichtsratsmitgliedern zusammensetzen. Jeder Aufsichtsrat hat in der Regel so etwas wie einen Personalausschuss, der Vorschläge für Vorstandsposten erarbeitet. Solche Gremien sind dann nur noch zu 16,8% mit Frauen besetzt, 52% dieser Ausschüsse sind nur mit Männern besetzt.

Was die Debatte um die Frauenquote allerdings unerträglich macht, ist die Behauptung, dass durch die Frauenquote Frauen bevorzugt werden, die eigentlich gar nichtqualifiziert sind und qualifizierte Männerbenachteiligt werden.

Die Zahlen belegen das Gegenteil. Frauenstehen Männern bezüglich ihrer Qualifikation in nichts nach. Sie sind im Zweifel sogar qualifizierter als ihre männlichen Kollegen. Der einzige erkennbare Unterschied zwischen Frauen und Männern, die laut des Berichts der deutsch-schwedischen Allbright Stiftung existiert, ist die Erfahrung, die die beiden Geschlechter mit sich bringen. Männer haben in der Regel zwei Jahre mehr Erfahrung – ein Teufelskreis, den man als Frau schwer durchbrechen kann. Denn wie soll eine Frau Erfahrung in der Führungsebene sammeln können, wenn sie nie die Möglichkeit erhält, dies zu tun?

Genau hier liefert die Frauenquote einen Ansatz, den wir Jusos begrüßen. Gewisse Strukturen können nicht mit einem Appell an die Vernunft und Fortschrittlichkeit unserer Gesellschaft aufgebrochen werden.

Auf die Frage, was man anstelle der Frauenquote machen könnte, gab es leider keine Antwort der interessierten, jungen Männer, nur die Einsicht, dass die Frauenquote eine notwendige Maßnahme ist, um eine Gleichstellung in der Führungsebene von Unternehmen zu erreichen.

Aus „Der springende Punkt“ Juli 2019 – von Oguz Akman

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