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der springende punkt.

Rassismus im 21. Jahrhundert – allgegenwärtig und doch falsch verstanden

Rassismus im 21. Jahrhundert – allgegenwärtig und doch falsch verstanden

Das Augsburger Amtsgericht hat vor einigen Wochen dem Burkiner Hamado Dipama Recht gegeben, dass er auf der Wohnungssuche vom potentiellen Vermieter einer Wohnung diskriminiert wurde. Die Erfahrung, die Hamado machen durfte, ist seit Jahrzehnten Gang und Gebe auf dem Wohnungsmarkt und deckt sich auch mit der ersten Rassismuserfahrung, die ich als Kind erleben durfte. 25 Jahre später hat sich nichts auf dem Wohnungsmarkt verändert. Es gibt immer noch Vermieter*innen, die aufgrund des Namens, der Herkunft und Hautfarbe diskriminieren.

Als BIPoC (Abkürzung für: black, indigenous people of color), also als Nicht-Weiße*r hat man es in Deutschland nicht leicht, denn der Wohnungsmarkt ist nicht die einzige Struktur, wo es Menschen mit ausländischen Wurzeln schwer haben. Rassismus und diskriminierendes Verhalten sind überall dort vorzufinden, wo Menschen anzutreffen sind: im Arbeitsmarkt, auf dem Wohnungsmarkt, im Bildungswesen und in den Behörden – nur um einige aufzuzählen.

Mit dem Thema Rassismus beschäftigen wir uns in der SPD eigentlich auch nicht wirklich. Ich kann mich in den 5 Jahren, in denen ich Mitglied bin, nicht daran erinnern, dass wir jemals darüber gesprochen haben, wie wir das Leben von den Menschen verbessern können, die von Rassismus betroffen sind, was eigentlich Rassismus überhaupt ist und wie wir verhindern können, dass sich solches Gedankengut weiterverbreitet.

Was ist Rassismus überhaupt?

Entstanden ist der Begriff des Rassismus im Zuge des Kolonialismus, wo man versucht hat wissenschaftlich zu beweisen, dass BIPoC der „weißen Rasse“ unterlegen sind. Ein Ausdruck des Rassismus waren Menschenzoos, die sehr beliebt waren und die von 1870 bis 1940 in Europa ihre Blütezeit hatten. In Menschenzoos hat man, wie der Name schon vermuten lässt, BIPoC in Gehegen zur Schau gestellt. In ganz extremen Fällen wurden ganze Dörfer zur Schau gestellt, die auch im Winter bei unmenschlichen Temperaturen dazu gezwungen wurden, in Lehmhütten zu hausen, nur um den Menschen in Europa die authentische Lebensweise von Nicht-Weißen zeigen zu können.

Die kruden Thesen des Rassismus mögen zwar längst widerlegt worden sein, sie existieren doch leider weiterhin in vielen Köpfen Einheimischer.

Und da sehe ich das Bildungssystem und die, die das Bildungssystem verändern können, ergo die Politik in der Verantwortung. Denn seien wir mal ehrlich, kein Kind, kein*e Jugendliche*r versteht, wie man von der Industrialisierung und der Weimarer Republik im Dritten Reich landet, da die antisemitischen und rassistischen Entwicklungen in Europa und im Deutschen Reich sehr oft ausgelassen werden und/ oder in einigen Sätzen abgehakt werden. Plötzlich werden alle Menschen zu Rassist*innen und Antisemit*innen. Dass das eine Jahrhunderte lange Entwicklung war und dass auch Menschen, die im Unterricht besprochen werden, sehr glühende Antisemit*innen und Rassist*innen waren, geht meistens unter.

Vielleicht müssen wir anfangen die Entwicklungen vor und während des Kolonialismus stärker zu beleuchten, so dass wir verstehen können, dass der Rassismus keine böse Tat ist, die böse Menschen tun, sondern ein System, das seit mehreren Jahrhunderten existiert, in dem wir alle unterwegs sind, und kein Mensch davon frei ist.

Bleiben wir bei unserem aktuellen Verständnis, dass gute Menschen keine Rassist*innen sind und böse Menschen schon, dann wird es nie zu einem aufrechten, ehrlichen Gespräch über Rassismus in Deutschland kommen. Und vielleicht, aber auch nur vielleicht, wäre man dann auch in der Lage, darüber zu reden, wie man die Situation von BIPoC in Deutschland mit all den Facetten des alltäglichen Lebens verbessern könnte.

Aus „Der springende Punkt“ Januar 2020 – von Oguz Akman

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