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Allgemein

ABSCHAFFUNG DES § 219A

ABSCHAFFUNG DES § 219A

(NUR) EIN ERSTER SCHRITT AUF DEM WEG ZUR SELBSTBESTIMMUNG VON FRAUEN

Seit 1992 gilt in Deutschland für Schwangerschaftsabbrüche die modifizierte Beratungslösung, geregelt in § 218. Wenn eine Frau in den ersten zwölf Wochen einer Schwangerschaft diese abbrechen möchte, muss sie einen Termin bei einer anerkannten Beratungsstelle vereinbaren. Nach dieser Beratung muss eine „Überlegungsfrist“ von drei Tagen eingehalten werden, bevor der Schwangerschaftsabbruch durchgeführt werden darf. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, bleibt der Abbruch straffrei, aber weiterhin rechtswidrig. Rechtmäßig ist der Schwangerschaftsabbruch nur, wenn es dafür bestimmte medizinische Gründe gibt oder die Schwangerschaft durch eine Vergewaltigung entstanden ist.

Der § 219a regelte das Verbot, für Schwangerschaftsabbrüche zu werben. Ärzt*innen durften bisher im Internet nur darüber informieren, dass sie Abtreibungen vornehmen, aber nicht darüber, mit welchen Methoden sie diese durchführen. Es war absurd, dass jede unseriöse Website ungeprüfte Informationen über Schwangerschaftsabbrüche verbreiten durfte, Ärzt*innen aber mit einer Strafverfolgung rechnen mussten, wenn sie sachliche Informationen veröffentlicht haben. Aus diesem Grund war die Abschaffung des § 219a am 24.06.2022 mehr als überfällig. Somit können Ärzt*innen endlich den Patientinnen angemessene Informationen zur Verfügung stellen.

Die Abschaffung des § 219a kann aber nur der erste Schritt auf dem Weg zur Selbstbestimmung von Frauen sein. Denn auch der § 218 schränkt diese zutiefst ein. Ziel muss es sein, dass Schwangerschaftsabbrüche nicht mehr unter dem Strafrecht geregelt, sondern endlich legalisiert werden. Damit würde zum einen die Stigmatisierung der Frauen, die eine Abtreibung durchführen möchten, reduziert werden. Zum anderen kann damit der Tabuisierung des Themas in der Gesellschaft entgegengewirkt werden. Denn durch das Suggerieren, dass ein Schwangerschaftsabbruch etwas Gesetzeswidriges sei, scheuen möglicherweise auch Ärzt*innen, es den Eingriff anzubieten. Dabei ist die Versorgungslage mit Ärzt*innen, welche Schwangerschaftsabbrüche durchführen, in Deutschland sowieso katastrophal. Frauen müssen oft hunderte Kilometer fahren, um den Eingriff vornehmen zu lassen. Aus diesem Grund muss gesetzlich geregelt werden, dass eine angemessene Versorgung vorhanden sein muss. Schwangerschaftsabbrüche müssen zu einem selbstverständlichen Teil der deutschen Gesundheitsversorgung werden. Weitere Ansatzpunkte sind telemedizinische Behandlungsmöglichkeiten und eine bessere Verankerung in der medizinischen Ausbildung. Die Beratungen zu Schwangerschaftsabbrüchen müssen freiwillig und ergebnisoffen geführt werden. Des Weiteren müssen die Kosten für einen Schwangerschaftsabbruch von den Krankenkassen übernommen werden. Aktuell werden diese nur übernommen, wenn der Schwangerschaftsabbruch aus medizinischen Gründen oder nach einer Vergewaltigung durchgeführt wird, sodass das Selbstbestimmungsrecht von Frauen zusätzlich vom sozialen Status abhängig ist. Darüber hinaus müssen Ärzt*innen besser vor Anfeindungen im Internet, aber auch vor Mahnwachen von Abtreibungsgegner*innen vor ihren Praxen geschützt werden.

Somit gibt es für einen feministischen Jugendverband wie uns Jusos noch viele Punkte, für welche wir auf dem Weg zur Selbstbestimmung von Frauen kämpfen müssen.

Unser Blick darf dabei aber nicht nur auf Deutschland beschränkt bleiben. Denn während hier in Deutschland ein erster kleiner Lichtblick erreicht wurde, wird das Selbstbestimmungsrecht von Frauen in anderen Ländern massiv eingeschränkt. Aktuellstes Beispiel sind die USA. Nachdem Frauen fast 50 Jahre lang landesweit ein Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch bis zur 24. Schwangerschaftswoche hatten, wurde dieses Recht nun durch den Supreme Court revidiert. Aus diesem Grund kann nun jeder Bundesstaat eigene Gesetze im Bereich Abtreibungsrecht erlassen, was in konservativ geführten Bundesstaaten noch restriktivere Abtreibungsgesetze zur Folge haben wird. In Texas beispielsweise sind Schwangerschaftsabbrüche nach der sechsten Schwangerschaftswoche verboten, obwohl die meisten Frauen zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal wissen, dass sie schwanger sind. Auch Ärzt*innen, Kliniken, selbst Personen, welche die Frauen zur Klinik fahren, müssen mit einer Strafverfolgung rechnen.

Dabei sind die USA nur ein Land von vielen, das die Rechte von Frauen wieder rückgängig macht. Polen beispielsweise hat die Abtreibungsrechte so weit eingeschränkt, dass die Gesetzgebung inzwischen zu einer der restriktivsten in Europa gehört und selbst nach einer Vergewaltigung kein sicheres Recht auf Abtreibung gewährleistet ist.

Aus diesem Grund müssen und werden wir Jusos nicht nur in Deutschland weiter für die Selbstbestimmungsrechte der Frauen kämpfen, sondern werden uns auch mit Frauen weltweit solidarisieren, damit irgendwann überall auf der Welt gilt: „Our body, our choice!“ (dt. „Unsere Körper, unsere Wahl!“

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