Wahlwerbung unter falscher Flagge? Jugendverbände prangern CSU-nahe Kampagne „I love NBG 975“ an

19. November 2025

„Was hier passiert, ist eine gefährliche Grauzone zwischen Öffentlichkeitsarbeit und Wahlwerbung. Es wird bewusst der Eindruck erweckt, es handle sich um ein neutrales Informationsangebot – dabei ist es faktisch CSU-nahe Kampagnenarbeit“, kritisiert Anil Altun, Vorsitzender der Jusos Nürnberg und Spitzenkandidat zur Kommunalwahl 2026. „Anstatt sich auf PR-Spielchen zu konzentrieren, sollte Marcus König die echten Probleme der Stadt anpacken – vom Loch am Aufseßplatz bis zur verödeten Innenstadt.“

Ein aktueller Bericht von t-online wirft schwerwiegende Fragen über die Kampagne „I love NBG 975“ auf. Was auf den ersten Blick wie eine harmlose Mitmachaktion zum 975. Stadtgeburtstag wirkt, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als politisch gefärbte Initiative mit CSU-nahem Hintergrund. Plakate, T-Shirts und die Website www.nbg975.de präsentieren sich im Stil einer städtischen Feierkampagne – tatsächlich aber steckt laut Impressum allein die Berliner Agentur „Kaller & Kaller“ dahinter, die für CSU-nahe Kommunikationsprojekte bekannt ist. Ein offizieller Hinweis auf die politische Urheberschaft fehlt. Diese Intransparenz ist gerade im Vorfeld der Kommunalwahl höchst problematisch. Kernstück der Website ist der sogenannte „Zukunft-O-Mat“, der bewusst an den „Wahl-O-Mat“ der Bundeszentrale für politische Bildung erinnert. Er erweckt den Anschein neutraler Information – tatsächlich aber werden Positionen, die nicht der CSU-Linie entsprechen, als rückständig oder fortschrittsfeindlich abgewertet. Nutzer*innen erhalten Bewertungen wie „NIMBY“ oder „Fortschrittsverhinderer“, wenn sie bei zentralen Themen anderer Meinung sind. CSU-Stadtratskandidierende und die CSU-Fraktion nutzen die Kampagne längst als Wahlkampfplattform. Die „I love NBG 975“-T-Shirts tauchen bei Sportevents, in Social-Media-Clips – und sogar beim CSU-Oberbürgermeister Marcus König selbst auf, der sie bei öffentlichen Auftritten trägt. Dadurch entsteht zusätzlich der Eindruck, es handle sich um eine offizielle städtische Aktion. Auch die Grüne Jugend Nürnberg zeigt sich alarmiert: Die CSU zeigt kein Interesse an einer Zusammenarbeit mit anderen demokratischen Parteien. Bei einer Feier zum 975-jährigen Bestehen Nürnbergs sollten alle demokratischen Parteien eingebunden sein. Dass die CSU den demokratischen Pluralismus ignoriert, ist erschreckend, aber leider nicht überraschend. Maret Illig, Sprecherin der Grünen Jugend Nürnberg, erklärt: „Die CSU verwischt die Grenze zwischen städtischer Öffentlichkeitsarbeit und parteipolitischem Wahlkampf. Wer die Kommunikationswege der Stadt für eigene Zwecke nutzt, gefährdet das Vertrauen der Bevölkerung und unsere demokratischen Prozesse.“ Jusos und Grüne Jugend Nürnberg fordern deshalb vollständige Transparenz über Finanzierung, Verantwortlichkeiten und politische Hintergründe der Kampagne – sowie eine rechtliche Prüfung, ob hier mit städtischer Symbolik verdeckte Parteienwerbung betrieben wird. Transparenz ist das Mindeste. Wenn Stadtjubiläen zur Wahlwerbung verkommen, verliert die Demokratie ihr Fundament

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